Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen...
Warum Bio-Lebensmittel aus dem europäischen Ausland eine sinnvolle Ergänzung zur Regionalität sein können
In der Diskussion um nachhaltige Ernährung steht oft die Regionalität im Fokus – und das aus gutem Grund. Kurze Transportwege, Stärkung lokaler Strukturen und die Unterstützung heimischer Bauern sind entscheidende Vorteile. Doch bedeutet das, dass ausschließlich regionale Lebensmittel die nachhaltigste Wahl sind? Nicht unbedingt.
Eine ganzheitlich nachhaltige Ernährung berücksichtigt nicht nur die Herkunft eines Produkts, sondern auch dessen ökologischen Fußabdruck, saisonale Verfügbarkeit, Anbaumethoden und soziale Aspekte. Hier wird schnell deutlich: Auch nachhaltig produzierte Lebensmittel aus dem europäischen Ausland haben eine wichtige Rolle.
1. Saisonalität: Regionale Lebensmittel haben natürliche Grenzen
Eines der Hauptargumente für regionale Produkte ist die Frische und Verfügbarkeit direkt aus der Umgebung. Doch viele Lebensmittel können in unseren Breiten nur saisonal oder gar nicht angebaut werden.
- Wintermonate & regionale Knappheit: Gerade in der kalten Jahreszeit sind viele heimische Gemüse- und Obstsorten nur begrenzt verfügbar. Wer trotzdem eine abwechslungsreiche Ernährung mit frischem Gemüse beibehalten möchte, kommt nicht umhin, auch auf Importe zurückzugreifen.
- Glashaus vs. Freilandanbau: In Deutschland oder Nordeuropa müssten viele Gemüse- und Obstsorten in beheizten Gewächshäusern angebaut werden. Das verbraucht oft mehr Energie, als sie klimafreundlich aus wärmeren europäischen Regionen zu importieren. Ein Tomatenanbau in Südspanien im Freiland hat oft eine bessere CO₂-Bilanz als eine beheizte Gewächshausproduktion in Deutschland.
2. Bio-Qualität und nachhaltige Landwirtschaft statt Herkunft als einziges Kriterium
Die Nachhaltigkeit eines Produkts hängt nicht allein von der Distanz ab, die es zurücklegt. Viel wichtiger ist, wie es angebaut wurde.
- Bio-Landwirtschaft in Europa: Viele europäische Nachbarländer haben ausgezeichnete Bio-Standards und innovative, ressourcenschonende Anbaumethoden. Spanien, Italien oder Frankreich bieten hervorragende Bio-Produkte, die unter günstigeren klimatischen Bedingungen wachsen können.
- Faire Arbeitsbedingungen: Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die soziale Nachhaltigkeit. In einigen Regionen der Welt, insbesondere in außereuropäischen Billiglohnländern, gibt es große Probleme mit unfairen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Innerhalb Europas sind die sozialen Standards und Arbeitsrechte jedoch vergleichsweise hoch, sodass ein nachhaltiger Anbau auch faire Bedingungen für die Landwirte schafft.
3. Klimafreundliche Transportwege: Import bedeutet nicht gleich hoher CO₂-Ausstoß
Ein oft genanntes Argument gegen ausländische Lebensmittel ist der Transport. Doch hier lohnt sich ein genauer Blick:
- Effiziente Logistik: Lebensmittel aus dem europäischen Ausland werden meist in großen Mengen und auf effizienten Routen transportiert – beispielsweise über LKWs oder Züge. Im Vergleich dazu hat ein kleines, regional ausgeliefertes Produkt manchmal einen höheren CO₂-Fußabdruck pro Kilogramm, wenn es mit vielen Einzelfahrten verbunden ist.
- Wichtiger als die Kilometerzahl ist die Transportart: Während der Transport per Flugzeug eine katastrophale Klimabilanz hat, sind Gütertransporte per LKW oder Zug innerhalb Europas oft weniger belastend, als viele denken.
- CO₂-Bilanz von Importen: Eine Bio-Tomate aus Spanien kann klimafreundlicher sein als eine regionale Tomate aus einem beheizten Gewächshaus. Das Gleiche gilt für viele andere Produkte wie Gurken oder Paprika.
4. Wirtschaftliche Verantwortung: Nachhaltigkeit als europäisches Konzept
Neben der Umwelt spielt auch die wirtschaftliche Komponente eine Rolle. Europa ist ein eng verflochtener Wirtschaftsraum, und eine nachhaltige Wirtschaft sollte über Ländergrenzen hinweg gedacht werden.
- Unterstützung nachhaltiger Landwirtschaft: Wenn wir nachhaltige Landwirtschaft in ganz Europa fördern, tragen wir dazu bei, dass umweltfreundliche Anbauweisen überall bestehen bleiben und weiterentwickelt werden.
- Langfristige Ernährungssicherheit: Die Kombination aus regionalen und nachhaltigen europäischen Lebensmitteln hilft, die Abhängigkeit von wenigen Anbauregionen zu verringern und eine stabile Versorgung zu gewährleisten.
Fazit: Nachhaltigkeit bedeutet mehr als nur Regionalität
Natürlich bleibt regionale Landwirtschaft ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Ernährung, doch sie allein reicht nicht aus, um das komplexe Zusammenspiel von Umwelt, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Verantwortung zu berücksichtigen.
Die sinnvollste Lösung ist eine kluge Balance:
✔ Regionale Produkte bevorzugen, wenn sie verfügbar sind und nachhaltig produziert wurden
✔ Nachhaltig angebaute Bio-Produkte aus dem europäischen Ausland als sinnvolle Ergänzung nutzen
✔ Den gesamten ökologischen Fußabdruck eines Produkts berücksichtigen, nicht nur die Transportwege
Letztendlich geht es nicht darum, entweder ausschließlich regional oder ausschließlich international einzukaufen, sondern bewusst und differenziert zu entscheiden. Nachhaltigkeit endet nicht an Landesgrenzen – und mit der richtigen Wahl unterstützen wir Bauern in ganz Europa, die umweltfreundliche und sozial verantwortliche Landwirtschaft betreiben.